Die Einstufung eines Produkts als Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel erfordert eine Gesamtbetrachtung der Produktmerkmale, bei der auch die möglichen Gesundheitsrisiken bei seiner Verwendung zu berücksichtigen sind.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2019, Az. 3 C 19.18

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall beabsichtigte die Klägerin, zwei in Österreich hergestellte und dort als Nahrungsergänzungsmittel verkaufsfähige Produkte, die jeweils 100 mg Trockenextrakt aus Ginkgo-biloba-Blättern (GbE) enthalten, in Deutschland zu vertreiben. Nach der Verzehrempfehlung soll einmal täglich eine Kapsel eingenommen werden.

Die Klägerin beantragte beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Bestätigung der Verkehrsfähigkeit durch den Erlass einer Allgemeinverfügung nach § 54 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch.

Das BVL lehnte den Antrag ab, weil bei dieser Dosierung von einer pharmakologischen Wirkung ausgegangen werden müsse und es sich daher um Arzneimittel handele.

Nach Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts belegen wissenschaftliche Studien eine pharmakologische Wirkung von Produkten mit einer GbE-Dosierung von 100 mg/Tag. Die menschlichen physiologischen Funktionen würden positiv beeinflusst, indem sie in nennenswerter Weise die Blutviskosität verringerten und die zerebrale Perfusion in bestimmten Gehirnregionen verbesserten.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied, wenn die Auswirkungen eines Produkts auf die physiologischen Funktionen im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln lägen, komme dem Merkmal der Verwendungsrisiken besonderes Gewicht zu. Die Einstufung als Arzneimittel sei inosweit nur gerechtfertigt, wenn dies zum Schutz der menschlichen Gesundheit erforderlich sei. Das Bundesverwaltungsgericht hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurück.