Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) begrüßt in ihrer Stellungnahme zum Entwurf einer Änderung der Musterbauordnung (MBO) ausdrücklich die Regelungen z.B. mit Blick auf die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie (§§ 62 Abs. 1 S. 2, 70 Abs. 3, 4, 77), zur Schaffung von Rechtsklarheit, z.B. bei der Gleichstellung von ausdrücklich baugenehmigten und freigestellten Vorhaben (§ 62 Abs. 3 S. 4), bei der befristeten Geltungsdauer bei der Zulassung von Abweichungen (§ 64 Abs. 4), hinsichtlich der öffentlichen Bekanntmachung von Baugenehmigungen (§ 70 Abs. 5) oder mit Blick auf die Hemmung der Geltungsdauer von Genehmigungen (§ 73).
Bei letzterer möchte die BRAK eine ergänzende Klarstellung vorschlagen, die dazu beitragen könnte, weitere in der Praxis häufige Rechtsstreitigkeiten rund um diesen Themenkreis der Hemmung der Geltungsdauer von Baugenehmigungen zu vermeiden:
"Die Einlegung eines Rechtsbehelfs durch einen Dritten hemmt..."
Die Klarstellung soll deutlich machen, dass die Hemmung nicht gilt, wenn der Bauherr selbst Rechtsbehelfe erhebt.
Kritisch sieht die BRAK die Regelung in § 70 Abs. 1 (Beteiligung der Nachbarn und der Öffentlichkeit). Mit Blick auf die Interessen der Bauherren und die Verfahrenskonzentration und Beschleunigung sei es eine nachvollziehbare politische Entscheidung, Nachbareinwendungen (weiter) zu präkludieren. Den Interessen der Nachbarn sollte dann aber mindestens dadurch Rechnung getragen werden, dass für die Behörde erhöhte Anforderungen an die Benachrichtigung über beabsichtigte Abweichungen und Befreiungen gelten. Die Praxis zeige, dass ein Monat ohnehin knapp bemessen ist, um sich mit der Bauplanung zu befassen, sich ggf. technischen und/oder rechtlichen Rat einzuholen und qualifizierte Einwendungen zu formulieren. Wenn diese Frist noch dadurch verkürzt wird, dass zunächst Akteneinsicht genommen werden muss, um überhaupt die Situation nachvollziehen und bewerten zu können, erschienen die Nachbarinteressen unverhältnismäßig eingeschränkt im Verhältnis zu den Interessen der Bauherren und der Behörde. Insoweit schlägt die BRAK folgende Formulierung vor:
"(1) Die Bauaufsichtsbehörde soll die Eigentümer benachbarter Grundstücke (Nachbarn) vor Erteilung von Abweichungen und Befreiungen benachrichtigen, wenn zu erwarten ist, dass öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt werden. Die Behörde ist verpflichtet, den zu beteiligenden Nachbarn alle zur Prüfung des Vorgangs erforderlichen Unterlagen mit der Benachrichtigung zur Verfügung zu stellen. Einwendungen sind innerhalb von einem Monat nach Zugang der Benachrichtigung bei der Bauaufsichtsbehörde in Textform oder zurNiederschrift vorzubringen.“
Stellungnahme der BRAK Nr. 58/2020 v. 30. September 2020