Der BGH hat mit drei Hinweisbeschlüssen vom 27.06.2023 klargestellt, dass die spezialgesetzliche Prospekthaftung eine Haftung von Altgesellschafter:innen wegen Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) nicht ausschließt.

Zugleich enthalten die Beschlüsse eine Neuausrichtung der Rechtsprechung des II. Zivilsenats zu den vorvertraglichen Aufklärungspflichten der Altgesellschafter:innen. Entscheidend ist die Vertriebsverantwortung, die die geschäftsführenden Altgesellschafter:innen tragen, sofern der Vertriebsauftrag von der Fondsgesellschaft erteilt wurde. Insofern erkennt der BGH in den beurteilten Fallkonstellationen eine Haftung der geschäftsführenden Kommanditistin, da dieser die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft, die den Vertriebsauftrag erteilte, oblag. Demgegenüber verneint der BGH eine Haftung der persönlich haftenden Gesellschafterin der Fondsgesellschaft, da diese von der Geschäftsführung ausgeschlossen war.

Schließlich hat der II. Zivilsenat die Auffassung des XI. Zivilsenats zu den drei Beschlüssen dargestellt: die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten, die an die Vertriebsverantwortung anknüpft, stehe der Rechtsprechung des XI. Senats nicht entgegen, nach der die spezialgesetzliche Prospekthaftung eine vorvertragliche Haftung der Gründungsgesellschafter wegen Verwendung unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Prospekte, ausschließe.

Die drei BGH-Beschlüsse (Vorinstanzen: LG und OLG Hamburg) finden Sie hier:

II ZR 57/21

II ZR 58/21

II ZR 59/21

Ein Beitrag von Dr. Kirsten Mäurer